Meine gottverdammte Banane schäle ich mir selbst – Feel Good hin oder her!

Meine gottverdammte Banane schäle ich mir selbst – Feel Good hin oder her!

Da sitzen wir nun und fragen uns: Was ist eigentlich „Feel Good Management“? Und noch viel spannender: Was sind die Aufgaben und / oder Kompetenzen des sogenannten „Feel Good Managers“? Und was soll das überhaupt? Zunächst die erschreckende aber nicht überraschende Wahrheit einfach mal vorab: Eine offizielle Definition existiert nicht.

Ja, wir haben aus gegebenem Anlass danach gesucht. Und: Nein, wir haben nichts erschöpfendes gefunden. Obwohl… Ein paar lustige Darstellungen aus unterschiedlichen Perspektiven waren dann doch dabei.

Irgendwo zwischen Gratisobst und knallharter Ernüchterung á la “Betriebsrat für Arme” haben wir allerdings aufgegeben.

Die plötzliche Erleuchtung

Viele Unternehmen haben aufgrund neuester Studien völlig überrascht festgestellt, dass gute Stimmung im Unternehmen den Erfolg beeinflussen kann. Positiv. Rocket Science für ganz weit Fortgeschrittene!

Wie kommt’s nun dazu? Man stelle sich vor: Da sitzt ein Haufen bedeutender (im Zweifel hochbezahlter) Manager zusammen und grübelt. Vielleicht wird sogar gebrainstormt, auf Wände gemalt, oder man schaut sich doch wieder nur eine schnöde ppt an. 748 Slides. Erstanden bei einem der führenden Global Business Research and Data Analytics Companies für einen Vorzugspreis von 400 Quadrillionen Euro…  Warum? Irgendwie läuft es gerade nicht so richtig im Business. Auf der anderen Seite ist das Gras grüner, schöner, erfolgreicher und außerdem steht völlig überraschend schon wieder das Ende des Geschäftsjahres vor der Tür. Da braucht man Rechtfertigungen. Und Maßnahmen. Und was man nicht braucht, sind maulende Mitarbeiter.

Aber was machen denn die anderen besser? Firmennamen wie Facebook und Google werden in die stickige Meetingluft gemurmelt. Mit einer Mischung aus Neid und Verachtung. Klar! Die haben es einfach. Die Menschen prügeln sich nahezu um Jobs der Employer of Choice und reißen sich dann Tag für Tag auch noch beide Beine aus. Und die Arme, wenn es sein muss. Mit Vergnüngen. Da lässt der Geistesblitz nicht lange auf sich warten:

“Hätten wir ein Qualitätsproblem, würden wir einen Qualitätsmanager einstellen. Haben wir aber nicht!” Und wohlmöglich fallen genau dann die sprichwörtlichen Schuppen von den Augen des Leader Circles: “Irgendwie schleichen hier nur mittelwitzige Durchschnittspappnasen umher. Wir haben ganz offensichtlich ein Motivationsproblem…” Tadaaaaa: ein Feel-Good-Manager muss her. Wir machen das mit den Fähnchen… und Schuld sind sowieso immer die anderen.

Zurück zum Thema: Wie genau soll denn der “Feel Good Manager” nun das Ruder herumreißen?

Schenkt man verschiedensten Quellen im Internet Glauben, ergibt sich nun folgendes konsolidiertes Gesamtbild:

Der Feel Good Manager kümmert sich um das Wohlbefinden der Mitarbeiter in nahezu allen beruflichen Belangen und Dimensionen. Dies tut er vor dem Hintergrund, dass nur ein motivierter und zufriedener Mitarbeiter sein volles Leistungspotenzial entfalten kann. Feel Good-Manager sorgen dafür, dass sich Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen. Sie planen Firmenevents und -ausflüge, kümmern sich um die gesunde Ernährung im Unternehmen und um die Anliegen der Mitarbeiter. (vgl http://www.zeit.de/karriere/beruf/2013-11/chefsache-feel-good-management)

Hiervon ausgehend kann man also kurz zusammenfassen: Der Feel Good Manager trägt mit seiner sinnhaften und nachhaltigen Arbeit in erheblichem Maße dazu bei, dass die bisher mittelmäßig gelaunten und eventuell unterdurchschnittlich motivierten Mitarbeiter an die Hand genommen werden. Der Feel Good Manager plant Weihnachtsfeiern, Selbsthilfemeetings und gegenseitiges Haare flechten, veranstaltet Firmenyoga und Kurse zu gewaltfreiem Töpfern. Irgendwas wird wohl dabei sein, was die Zufriedenheit der Mitarbeiter positiv beeinflusst.

Ehrenhafte Ziele. Ein toller Ansatz. Aber irgendwie kommen mir Definition und die Aufgaben des Feel Good Managers garnicht mal so neu vor. Was sagt der gesunde Menschenverstand dazu?:

Bisher war ich der Ansicht, dass genau die Tätigkeiten, die dazu führen den Mitarbeiter nachhaltig zu motivieren eine DER zentralen Kernaufgaben einer jeden Führungskraft sein sollte. Das steckt ja quasi schon in dem Begriff FÜHRUNGSkraft.
Das Gaber Wirtschaftslexikon definiert „Führung“ wie folgt:

„Führung wird allg. als psychologische und soziale Fähigkeit einer Person im Umgang mit Menschen betrachtet. Neben Persönlichkeitseigenschaften des Vorgesetzten haben weitere Faktoren wie die fachliche Autorität, die situativen Bedingungen, der Einsatz von Führungstechniken und die sozialen Beziehungen eine entscheidende Bedeutung für eine erfolgreiche Führung, die dadurch zu einem komplexen sozialen Prozess wird.“ (vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/fuehrung.html)

Ist das Konzept des „Feel Good Managers“ nun der Versuch, Teile von Kernaufgaben unfähiger Führungskräfte auszulagern? Ist der Feel Good Manager für Lob und die Führungskraft dann für Kritik zuständig? Bei der polizeilichen Befragungen von Kriminellen wird dieses Konzept „Good Cop – Bad Cop“ genannt, die Wirtschaft nennt das Ganze Outsourcing. Im richtigen Kontext handelt es sich in beiden Fällen um großartige Konzepte. Bei Führung darf man ein derartiges Vorgehen jedoch durchaus in kritischem Licht sehen:

Sollten Sie als Entscheider der Meinung sein, dass es Ihrem Unternehmen an Feel Good Management mangelt, dann schauen Sie doch zunächst mal selbstkritisch auf Ihre Unternehmens- und Führungskultur.

Ich bin mal wieder völlig fassungslos, wie Feel Good Management als eines DER Zukunftsthemen aufgebauscht wird. Da werden junge Startups zitiert, die Tante Frida eingestellt haben, weil die so leckeren Kartoffelsalat macht. Vorher hatte man schon superfancy Kicker aufgestellt und den Mitarbeitern bei Betreten des Büros eine lustige Mütze aufgesetzt. Nun hat man aber das Gefühl, der ‘Spirit’ sei nicht mehr der Gleiche, wie ‘damals’ (vor 6 Monaten) bei der Gründung in Onkel Freds Partykeller. Es sei die Anmerkung erlaubt, dass Startups sich ab einem gewissen Zeitpunkt sicherlich mit den Themen Identität, Wachstum und Hiring auseinander setzen müssen. Und nicht jeder hat einen Steve Jobs an Bord. Nun gibt es aber offensichtlich ernst zu nehmende Unternehmen, die Budget für eine dedizierte Position innerhalb eines Unternehmens einplanen, die das Führungsdilemma ausbaden soll. Aus meiner Sicht: schlichtweg absurd. Punkt.

Was ist Was? Der Manager!

Die stetige und nachhaltige Motivation von Mitarbeitern ist und bleibt zentrale Aufgabe der zuständigen Führungskraft. Unternehmenskultur muss vorgelebt und nicht vorgeturnt werden. Was glauben Sie eigentlich, wie unglaublich positiv die Auswirkungen auf Ihre Unternehmenskultur sind, wenn diese Aufgabe den Führungskräften abgesprochen und Feel Good Managern zugesprochen wird? Führungskräfte werden weiterhin disziplinarische Handlungs- bzw. Weisungsbefugnis haben und ihre Vorstellungen und Interessen auch dementsprechend umsetzen. Völlig unabhängig davon, ob der Mitarbeiter das nun gutheißt oder vor Wut, Erschöpfung und / oder Depression in den versifften Industrieteppich heult. Und der Feel Good Manager hat derweil tolle Ideen, einen Kummerkasten an der Tür, ist auch immer so nett, bringt Plätzchen mit und wenn er dann für Veränderung sorgen will: Rumms. Realitätskeule. Budget, Compliance, Betriebsrat, Tarif, das-haben-wir-immer-schon-so-gemacht, das-haben-wir-noch-NIE-so-gemacht, Datenschutz, etc. pp…

Das Konzept birgt neben fragwürdigen Vorteilen wohl viel eher ein unglaubliches Konfliktpotential. Wenn ihre Unternehmens- und Führungskultur grundsätzlich eher von anpassungsbedürftiger Natur sind (das Bedürfnis nach einem Feel Good Manager impliziert diese Anpassungsbedürftigkeit) entledigt sich der Teil der Führungskräfte, der für die Misere mitverantwortlich ist, ihrer sowieso verhassten Motivationsrolle in Gänze. Im schlimmsten Fall dürfte das Konzept also ihren identifizierten Missstand fröhlich weiter fördern anstatt ihm den Gar aus zu machen.

Wieso, weshalb warum?

Stellen Sie sich und Ihrem gesunden Menschenverstand einfach mal die Frage: Wie soll ein heute unzufriedener Mitarbeiter glücklich, loyal und produktiv werden, wenn der Grund für seine Unzufriedenheit unverändert bestehen bleibt, er sich aber nun jeden Morgen auch noch im Stuhlkreis ‚glückliche IT-Freunde‘ vorstellen darf: Mein schönstes Ferienerlebnis. Ach nee, heute war ja Rohkosttag. Moment, sich setze mir noch schnell meinen lustigen Hut auf.

Selbstverständlich können die Gründe für Unzufriedenheit vielschichtig, emotional, subjektiv und manchmal auch völlig irrational sein. Dennoch: Haarsträubend anstrengende Aufgaben kann ich (und jetzt halten Sie sich fest: Als Member der Gen Y) ganz ohne parallel laufende Rückenmassage erledigen, wenn stattdessen schlicht und ergreifend meine Arbeitsleistung gewürdigt wird. Und zwar von meinem Chef. Gern auch von Kollegen, die sich in ihrer Rolle ebenfalls wertgeschätzt fühlen und anerkennen, wenn ich gute Arbeit leiste. Weil es einfach eine gesunde Kultur von Lob und Kritik gibt. Wenn meine Führungskraft das nicht tut und stattdessen:

  • ausschließlich darauf erpicht ist bei Fehlern wie ein HB-Männchen zu eskalieren
  • keinerlei Anstalten macht seine Mitarbeiter (mich eingeschlossen) zu motivieren
  • nicht dafür sorgt, dass ich mich an meinem Arbeitsplatz wohl fühle

und damit seiner Aufgabe nicht nachkommt einen positiven Beitrag zum Unternehmenserfolg über Mitarbeitermotivation beizusteuern, dann können Sie sich das Budget für den Feel Good Manager getrost sparen. Dieses Budget sollten Sie dafür einsetzen, sich von solchen Führungskräften zu entledigen. Oder in Ihre Mitarbeiter investieren. In Zeit, Geld oder Weiterbildung. So einfach ist das. Daran ändert auch kein Ringelpietz mit Anfassen was … Darf man halt nur eigentlich nicht laut aussprechen.

Darüber hinaus kann man ja wohl grundsätzlich davon ausgehen, dass es sich bei revolutionären Ideen, wie der Organisation einer Weihnachtsfeier um Feel-Good-Selbstverständlichkeiten handelt, die mit einem halbwegs funktionsfähigen gesunden Menschenverstand wohl mehr als nachvollziehbar sind. Aber offensichtlich scheitert es ja in vielen Fällen bereits am unbürokratischen Anruf zum Geburtstag. Wie gut, dass sich damit dann demnächst der Feel Good Manager beschäftigen darf, der fortan jeden Tag fröhlich die Geburtstagsliste abtelefoniert, seinen Standardtext aufsagt und gleichzeitig Gurken hobelt.

Es könnte alles so einfach sein…

Und meine gottverdammte Banane kann ich mir auch weiterhin selbst schälen! Sogar ganz ohne Lob. Und erst recht ohne Feel Good.

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4 thoughts on “Meine gottverdammte Banane schäle ich mir selbst – Feel Good hin oder her!

  1. Auch ein Chef braucht mal Hilfe!

    Interessanter Artikel und ein paar sehr gute Impulse für mich als Führungskraft, der in Teilen aber auch ein wenig an der aktuellen Unternehmenswirklichkeit vorbei geht.

    Auch als guter Chef hat man nicht immer die Zeit, sich um das Mitarbeiterwohl zu kümmern (ja ich weiß, dass gehört auch zu meinen Aufgaben und ich nehme sie auch meist wahr) und dann finde ich es gut, dass man sich diese zusätzliche Expertise einkauft. Da geht es auch nicht ums Haareflechten oder Bananeschälen oder Kekse lutschen oder darum, die Weihnachtsfeier zu organisieren, sondern darum, was im Unternehmen generell zum Wohlfühlen dazu zählt bzw. zählen sollte. Es geht im Tieferen auch um Kultur. Ich kenne einen Soziologen und ein Theologen (ja tatsächlich), die diese Kompetenz zusätzlich in Unternehmen einbringen und damit den Chef entlasten und weiterbringen (können), quasi next Level im Chef-sein.

    Glaubt man den Untersuchungen von Gallup fehlt das in Unternehmen, wäre aber dringend nötig.

    Und leider lernen es nur die wenigsten Chefs tatsächlich auf ihrem Weg nach oben. Aus meiner Sicht gibt es gerade in diesem Bereich noch viel Nachholbereich.

    Danke für den Impuls!

    1. Hallo Jörg,

      erst einmal Danke für deinen Kommentar! Natürlich entsprechen meine gesitigen Ergüsse auf diesem Blog nicht immer zu 100% der Wahrheit und sind zuweilen auch satirisch etwas überspitzt. Das ist beabsichtigt denn: Das regt die Diskussion an. Du schreibst ja selber: Im tieferen geht es um Kultur. Ich wage einfach zu bezeifeln, dass dieser Kulturwechsel durch Feel Good Manager wirklich gefördert wird denn in letzter Konsequenz wird Kultur von oben nach unten durchgereicht. Die Beauftragung eines Feel Good Managers berührt diese Problematik zwar, aber beeinflusst das Ganze wirklich die Unternehmenskultur nachhaltig und durchdringend? Ich weiss ja nicht… Grüße, Felix

    2. Anna

      Es geht um Kultur! Sehr richtig… aber jemanden einzustellen, der allen anderen eine Ziel-Kultur vorlebt? Wie wäre es damit, Führungskräfte dahingehend zu sensibilisieren? Und entsprechend weiter zu bilden und zu coachen. Ein wenig klingt die Idee in deinem Kommentar ja durch?! Aber dazu braucht es meiner Meinung nach keinen Manager. Sondern mal offene und ehrliche Kommunikation. Feel Good scheint mir nur sinnvoll, wenn es echt ist. Und da hilft eben keine Vorturnerei. Im Gegenteil… ich wage zu befürchten, dass es im Zweifel sogar kontraproduktiv sein kann. Wenn ich mir vorstelle, es würde sich an einer wenig zufriedenstellenden Situation im Job überhaupt nichts ändern – bis auf die Tatsache, dass jetzt auch noch einer rumspringt dessen Kernkompetenz ‘Feeling Good’ ist… nenn mich schwierig: aber meiner Laune wäre das sicherlich nicht zuträglich…

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