Ein kurzes, verstörendens Headhunter-Intermezzo…

Ein kurzes, verstörendens Headhunter-Intermezzo…

Wir schreiben Freitag, den 27.01.2017 – so ca. 15 Uhr. Mein Mobiltelefon klingelt. Der Rufnummernanzeige kann ich entnehmen: es ist der Empfang. nun geht es entweder um Raumreservierungen, fehlende Plätzchen im Konferenzraum, ein Parkplatzdebakel, oder…

Ich (optimistisch): Hallo, guten Tag!

Empfang: Hallo Herr Pohl, ich habe einen Herrn Müller von der Firma XYZ für Sie in der Leitung.

Ich (ahne es bereits): Aha? Und was genau möchte Herr Müller von der Firma XYZ von mir?

Empfang: Er sagte, Sie wüssten worum es geht. Mehr nicht.

Ich (pessimistisch): Jaja, dann stellen Sie mal durch.

Randnotiz: Spätestens an dieser Stelle war mir natürlich bewusst: Headhunter-Attacke! Leicht genervt nehme ich also das Telefonat entgegen. Diese Masche ist ja nicht neu, jedoch stelle ich in jüngster Vergangenheit fest, dass sich ein äußerst fragwürdiges Vorgehen in der Kontaktanbahnung gerade zum neuen Branchenstandard etabliert. Gefällt mir gar nicht.

Ich (brodele ein freundliches): Guten Tag Herr Müller, wie kann ich Ihnen denn weiterhelfen?

Er (bestens gelaunt): Einen schönen guten Tag Herr Pohl! Vielen Dank, dass Sie sich kurz Zeit nehmen. Vorab möchte ich Sie darauf hinweisen, dass ich am Empfang gelogen habe

(Ich reiße die Augen auf. WAS! KOMMT! JETZT?)

Eigentlich ist mein Name Peters und ich arbeite für die Firma ABC Recruiting. Sie haben wahrscheinlich bereits festgestellt, dass mein Chef Ihr XING Profil besucht hat?! Ich habe da eine spannende, neue Herausforderung für Sie. Mit Leitungsfunktion! Na, wie hört sich das für Sie an?

Ich (3 – 2 – 1…): Darf ich SIE vielleicht vorher kurz einmal etwas fragen?

Er (immer noch bester Laune): Ja, klar!

Ich (kaboooooommmm): Was bilden Sie sich eigentlich ein? Sie lassen sich nicht nur unter falschem Vorwand, sondern auch noch unter falschem Namen und falscher Firma mit mir verbinden und glauben dann ernsthaft, dass Sie mit mir über IRGENDETWAS sprechen können? Danke, nein. [Aufgelegt]

Randnotiz: Das war so unverschämt, dass mir (zum Glück) weitere Worte fehlten! Ich bin wenig fassungslos. ich überlege, wie ich mich nach dieser bodenlosen Dreistigkeit wieder auf normal-null bringen kann und dann… Moment mal? Hat der Kollege nicht gesagt, sein Chef hätte mein XING Profil besucht? Harharhar… Erstklassiges Eigentor! Jetzt habe ich nämlich nicht nur richtig schön schlechte Laune, sondern auch einen Plan. Ein passendes, schriftliches Feedback!

Und so begann eine nahezu unglaubliche Konversation auf XING… (Die ich hier unverfälscht wieder gebe! Namen sind natürlich von der Redaktion geändert. Bis auf meinen.)

Nennen wir den “Chef” der 1a Agentur mal Herrn Schulz.

Meine Nachricht:

Sehr geehrter Herr Schulz,

ich habe das gerade bereits Ihrem Mitarbeiter / Ihrem Kollegen gesagt: Ich finde es EXTREM unverschämt sich über die Unternehmenszentrale nicht nur unter falschem Vorwand sondern auch unter falschem Namen zu melden, um mich ans Telefon zu bekommen.

Was glauben Sie eigentlich wie seriös das ist? Zugegebenermaßen habe ich den Kollegen am Telefon soeben ein wenig harsch angefahren. Dieses Geschäftsgebaren finde ich allerdings auch ziemlich daneben.

Wenn Sie etwas von mir möchten, schreiben Sie mich bitte über XING an. Dort antworte ich in den meisten Fällen.

Mit freundlichen Grüßen, Felix Pohl

Seine Antwort:

Sehr geehrter Herr Pohl,

das Gesetzt erlaubt uns, die Mitarbeiter eines Unternehmens jeweils am Arbeitsplatz kurz anzurufen. Wenn Sie dies NICHT möchten, schreiben Sie es in Zukunft in Ihren Profilen in Internet rein bitte. Damit andere Agenturen auch Sie nicht kontaktieren und Sie sich NICHT gestört fühlen.

Des Weiteren finde ich nicht schön, dass Sie mein Mitarbeiter so laut angegangen sind am Telefon. Der macht nur sein Job. Oder möchten Sie wegen ihrem Vorgesetzten am Telefon so angeschrien werden. Zum Glück gehen zu 99,9 % unsere Ansprachen sehr angenehm mit uns um. Schließlich weiß keiner von uns, wann man(n) einen Headhunter braucht.

Hochachtungsvoll, Herr Schulz

Randnotiz: Wie? Was? Wer? Das wird ja immer besser! Ich glaube nicht, dass das Gesetz dieses Vorgehen uneingeschränkt erlaubt. Nein, da bin ich mir sogar ziemlich sicher… und dass, obwohl ich definitiv kein Headhunter bin… Glücklicherweise gibt es ja Suchmaschinen. Und wer mich kennt weiß ganz genau: das kann ich unmöglich unkommentiert lassen. Also: kurze Recherche im Internet. Dann wird zurückgeschossen!

Meine Antwort:

Sehr geehrter Herr Schulz,

an dieser Stelle möchte ich Sie nun kurz belehren, da Ihnen das in diesem Fall gültige Recht bzw. die aktuelle Rechtsprechung offensichtlich nicht geläufig ist. Dass alleine dieser Umstand ein ziemlich gravierendes Armutszeugnis ist muss ich Ihnen wohl kaum sagen.

Also:
Rechtlich gesehen dürfen Sie natürlich potentielle Kandidaten am Arbeitsplatz kurz kontaktieren. Was Sie jedoch per Gesetz NICHT dürfen ist, Ihre Absichten zu verschweigen, unter falschem Vorwand anzurufen oder – noch gravierender – unter falschem Namen anzurufen. Hierzu gibt es deutschlandweit etliche Präzedezfälle. Vergleiche: Az.: 14 O 165/1214 O 165/12 – Bundesanwaltskammer des Saarlandes unter Berufung auf das Landgericht Bonn.

Gerichte haben diesen Tatbestand in jüngster Vergangenheit mit einstweiligen Verfügungen geahndet.

Nicht, dass noch jemand Langweile hat und auf die Idee kommt, ein solches Verhalten zur Anzeige zu bringen…

“Hochachtungsvoll” steht übrigens in der deutschen Sprache mehr oder weniger für “Arschloch”. Ich bitte Sie, persönliche Beleidigungen zu unterlassen.

Mit freundlichen Grüßen, Felix Pohl

Seine Antwort:

Sehr geehrter Herr Pohl,

bzgl. Ihrer o.g. Aufführung und für Ihre Zeit dafür bedanke ich mich sehr bei Ihnen. Haben Sie es während Ihrer Arbeitszeit geschrieben?? Oder haben Sie bereits Feierabend??

Bzgl. “Hochachtungsvoll” dürfen Sie mich sehr gerne bei der Polizei anzeigen. Möchten Sie hierfür meine Kontaktdaten in London bitte?

Mit respektvollen Grüßen

Meine Antwort:

Sehr geehrter Herr Schulz,

ich bin in der glücklichen Situation, mich bereits im wohlverdienten Feierabend wiederfinden zu dürfen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass mein Chef diese Konversation im höchsten Maße amüsant gefunden hätte. Auch während der Arbeitszeit.

Vielen Dank für den angenehm-amüsanten Start in das Wochenende!

Mit freundlichen Grüßen,

Intermezzo beendet.

That’s it. Ich kann die Geschütze wieder einfahren, und verbuche mir einen virtuellen, aber verdienten Teilerfolg auf mein Garstigkeits-Konto. Und auf mein Gerechtigkeits-Konto. Fassungslos bin ich aber immer noch. Und ich muss mich weiterhin fragen, was genau eigentlich die Berufung einiger Menschen ist. Und ob man damit glücklich werden kann?! Ich weiß ja nicht…

2 thoughts on “Ein kurzes, verstörendens Headhunter-Intermezzo…

  1. Hallo Felix,

    super Beitrag! Das Vorgehen, das ich vom Hörensagen bei Bekannten und Freunden derzeit vernehme, geht in eine ähnliche Richtung. Teilweise ist die Masche sogar noch dreister (obwohl man das kaum glauben kann).

    Würde mir das selbst passieren oder ich einen Beitrag darüber bloggen, würde ich jedoch Namen nennen – sonst ist der Spaß ja nur halb so groß. – Da kann der Headhunter also froh sein, dass er Dich angeschrieben hat und nicht mich. 😉

    Cooler Blog im Übrigen, werde ich gerne öfter lesen.

    Grüße,
    Stefan

    1. Hallo Stefan,

      erst einmal herzlichen Dank für die Blumen! Es freut mich immer, wenn jemandem unsere geistigen und “literarisch wertvollen” Ergüsse gefallen. 🙂 Ich muss zugeben: Ich habe lange mit mir gehadert ob ich nun die echten Namen nenne oder nicht. Schlussendlich habe ich mich dagegen entscheiden. Insbesondere deshalb, weil ich es mir nicht verkneifen konnte dem entsprechenden Headhunter kommentarlos den Link zum Artikel zu schicken.

      Ich finde wir alle sollten dazu übergehen, solche Geschichten zu veröffentlichen, das geschieht leider derzeit noch viel zu selten und so beibt’s, aus erziehungstechnischer Sicht, erst einmal ein Tropfen auf den heissen Stein.

      Beste Grüße und vielen Dank noch einmal!

      Felix

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